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Vortrag gehalten am Walther-Schücking-Institut der Universität Kiel am 13. Juli
2004 -
Den
Titel des Vortrags "Zukunftsperspektiven der Europäischen Union"
möchte ich gerne ergänzen um den Zusatz "im Licht in der europäischen
Verfassung": Als Herr Hofmann wegen dieses Vortrags anfragte, meinte er,
ihm schwebe eine neue "Humboldt-Rede" vor, eine Vision, wie die Union
in einigen Jahren aussehen werde. Eine solche Erwartung muss natürlich
enttäuscht werden, schon allein deshalb, weil die Umstände heute ganz andere
sind als im Mai 2000, als Bundesaußenminister Joschka Fischer in seiner
"Humboldt-Rede"[2] in der Tat
eine Vision für die künftige Entwicklung der Europäischen Union entworfen und
damit den Anstoß für den Prozess gegeben hat, der jetzt mit dem Ende der
Verhandlungen über die europäische Verfassung am 18. Juni 2004 zum Abschluss
gekommen ist. Damals war der Zeitpunkt für große Zukunftsentwürfe, da es galt,
die Stagnationsphase in der Entwicklung der Union zu überwinden, die nach dem
großen Integrationsschritt des Maastricht-Vertrags eingesetzt hatte. Das Ziel
war, eine neue institutionelle Grundlage für die Union zu schaffen, auf der
diese sich dann für einen längeren Zeitraum, vielleicht einige Jahrzehnte, in
geordneten Bahnen entwickeln kann - und angesichts der Erweiterungen auch ihre
Handlungsfähigkeit zu bewahren. Die jetzt vereinbarte Verfassung ist die
Grundlage, auf der die Europäische Union, zumindest in den nächsten ein bis
zwei Jahrzehnten ihre politische Existenz organisieren wird. Heute, wo wir in
gerade am Anfang des, sicher langwierigen und nicht ohne Hindernisse
verlaufenden, Implementierungsprozesses dieser Verfassung stehen, bereits die
übernächste Entwicklungsstufe der Union ins Auge zu fassen, wäre nicht seriös.
Die Aufgabe, vor der wir alle in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren stehen,
ist es, diese Verfassung,
einschließlich ihrer zahlreichen Flexibilitätselemente, in die Praxis umzusetzen
und auf dieser Grundlage die europäische Integration weiter zu vertiefen.
Der
Zusatz zum Thema ist auch eine notwendige Eingrenzung auf diesen Aspekt der
Vertiefung der europäischen Integration. Die Zukunftsperspektiven im weiteren
Sinne umfassen selbstverständlich auch den parallelen Prozess der Erweiterung.
Die Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien stehen vor dem Abschluss.
Zeitgleich mit dem Beschluss über die Europäische Verfassung wurde auch entschieden,
die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien zu eröffnen[3]. Ende des
Jahres steht die Entscheidung über die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei
an. Auch diese Entwicklungen werden die Zukunftsperspektiven der EU wesentlich
mitbestimmen. Aber das ist ein Thema für sich.
Die
folgenden Ausführungen konzentrieren sich also auf die neue rechtliche
Grundlage, auf die die Europäische Verfassung das Europarecht gestellt hat:
viele vertraute Grundzüge werden radikal weiterentwickelt. Nur ein paar
Beispiele: die Überwindung der Säulenstruktur, die Rechtspersönlichkeit der
Europäischen Union, die neuen Rechtsinstrumente, insbesondere das Europäische
Gesetz oder Rahmengesetz, um nur einige wenige zu nennen. Die Verfassung wird
auch das Erscheinungsbild der Europäischen Union nach außen nachhaltig
verändern, nicht zuletzt durch die neu eingeführten Ämter des ernannten Präsidenten
des Europäischen Rats und des Europäischen Außenministers.
Es ist
davon auszugehen, dass die Verfassung - einmal ratifiziert - für lange Zeit das
Europarecht prägen wird, denn neue Regierungskonferenzen sind, anders als
bisher, auf absehbare Zeit nicht vorgesehen. Die Verfassung ist somit in einem
weiteren Rahmen auch der Abschluss des fast 15-jährigen Prozesses, der 1990 mit
der Eröffnung der Regierungskonferenz zum Maastricht-Vertrag begonnen hat. Alle
Regierungskonferenzen seither - Maastricht, Amsterdam und Nizza - hatten schon
im soeben vereinbarten Vertrag wieder einen Revisionsauftrag erteilt, da man
mit dem Ergebnis politisch unzufrieden war und die Bereinigung von "left-over"
als notwendig erachtete. Mit der dieser "Tradition" wollten sowohl
der Konvent als auch die Regierungskonferenz bewusst brechen, und das ist auch
gelungen: Die Verfassung lässt keine "left-over" zurück, sondern
enthält die notwendigen Flexibilitätsinstrumente, um die Union innerhalb des
Rechtsrahmens der Verfassung weiter zu entwickeln.
Der
folgende Beitrag gliedert sich in drei Teile: eine kurze Analyse der
Besonderheiten des Konventprozesses, die Darstellung der aus der Europäischen
Verfassung folgenden Zukunftsperspektiven für die Europäische Union in sieben
Punkten sowie als Abschluss ein kurzer Ausblick auf das
Ratifizierungsverfahren.
Die
Entwicklung seit dem Maastricht-Vertrag hat das zunehmende Ungenügen der bisherigen
Methode zur Fortentwicklung der europäischen Verträge nur durch
Regierungskonferenzen deutlich gemacht: die Problemlösungskapazität der
Konferenzen ist von Maastricht zu Amsterdam zu Nizza jedes Mal gesunken, die
Liste der unerledigten Aufgaben jedes Mal länger geworden.
Hierfür
gibt es vor allem vier Ursachen, die in der Arbeitsweise einer
Regierungskonferenz begründet sind:
Die
Regierungskonferenz muss den Text der Vertragsänderungen von Grund auf neu
erarbeiten. Dies geschieht erstens, angesichts des Volumens und der Komplexität
der Materie notgedrungen, zunächst durch vorbereitende Gruppen auf
Beamtenebene. Beamte sind jedoch weisungsabhängig und können daher im wesentlichen nur die in der Hauptstadt abgestimmte Haltung
vertreten. Abgestimmte Haltung bedeutet, zumindest in vielen Mitgliedstaaten,
dass alle beteiligten Ministerien die Position mittragen müssen. Jede Position,
die in einer solchen vorbereitenden Gruppe vertreten wird, ist also die
Minimalposition dieses Mitgliedstaates.
In der
Vorbereitungsgruppe selbst herrscht das Einstimmigkeitsprinzip, so dass das
Ergebnis zweitens nur die Schnittmenge aller dieser Minimalpositionen der
einzelnen Mitgliedstaaten sein kann - also der kleinste gemeinsame Nenner der
nationalen Minimalpositionen.
Drittens
tagt die Regierungskonferenz, und erst recht die Vorbereitungsgruppe,
typischerweise hinter verschlossenen Türen, was den Beitrag der
(Fach-)Öffentlichkeit stark begrenzt und die Neigung zum politischen Kuhhandel
deutlich erhöht.
Der so
erarbeitete Minimalkompromiss der Beamten ist schließlich der Ausgangspunkt für
die Verhandlungen auf politischer Ebene, wo wiederum die Tendenz besteht,
nationale Partikularinteressen in den Vordergrund zu stellen und so – viertens
- das bereits minimalistische Ergebnis der Beamtengruppe noch weiter zu
reduzieren. Ein deutliches Beispiel hierfür waren die Verhandlungen über die
Ausdehnung der qualifizierten Mehrheit in der abschließenden Runde der
Regierungskonferenz von Nizza (Dezember 2000), wo die Vorbereitungsgruppe,
trotz der beschriebenen Schwierigkeiten, ein nicht unansehnliches Paket
ausgearbeitet hatte, indem man über lediglich vereinzelte Widersprüche gegen
eine Ausdehnung der qualifizierten Mehrheit hinweg gegangen war. In den
politischen Endverhandlungen beharrten aber viele dieser Mitgliedstaaten auf
ihren Positionen, so dass das Paket wieder stark zusammengestutzt wurde.
Das
Gegenbeispiel zu den minimalistischen Ergebnissen der letzten
Regierungskonferenzen sind die ehrgeizigen Verfassungsentwürfe, die etwa das
Europäische Parlament ausgearbeitet hat, z. B. der Spinelli-Entwurf.
Es kommt nicht von ungefähr, dass diese Entwürfe immer nur totes Papier
geblieben sind, denn dort wurde die Rechnung ohne den Wirt, also die
Mitgliedstaaten, gemacht. Beim derzeitigen Entwicklungsstand der Europäischen
Union sind die Mitgliedstaaten, jedenfalls in ihrer Mehrheit, vielleicht in
ihrer Gesamtheit, nicht bereit, auf das letzte Wort bei der Vertragsänderung zu
verzichten. Sie sind die "Herren der Verträge" und wollen es auch
bleiben.
Die
Herausforderung vor der man angesichts des offenkundigen Ungenügens der
klassischen Regierungskonferenzmethode stand - und es ist kein Zufall, dass die
Grundlage für den Konvent schon bei den abschließenden Beratungen in Nizza[4] gelegt wurde
- war also, eine Methode zu finden, die den Ehrgeiz der Parlamentsentwürfe mit
der notwendigen Legitimierung durch die Mitgliedstaaten verbindet. Dies war die
unverzichtbare Voraussetzung, um einen ehrgeizigen Verfassungsentwurf zu
erarbeiten, der aber auch die Chance hat, in Kraft zu treten.
Diese
Methode ist ein Europäischer Konvent[5] mit
nachgeschalteter Regierungskonferenz. Beide Teile sind, jedenfalls beim
derzeitigen Entwicklungsstand der Europäischen Union, unverzichtbar:
Der
Konvent sorgt für den ehrgeizigen Entwurf. Maßgeblich für diesen Erfolg sind
wiederum vier Punkte:
Durch
seine vier Komponenten - Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, der
nationalen Parlamente, des Europäischen Parlaments und der Europäischen
Kommission - sind von Anfang an alle Vertreter der verschiedenen
Legitimationsstränge innerhalb der Union eingebunden. Während in der
Regierungskonferenz nur die Regierungen, und in eingeschränktem Maß die Kommission,
voll mitwirken können, stellen im Konvent die parlamentarischen Vertreter mehr
als die Hälfte der Mitglieder.
Alle
Beratungen des Konvents waren zweitens öffentlich und zwar nicht nur für die
wenigen im Saal anwesenden Zuschauer, sondern, über das Internet, für
jedermann. Alle Dokumente des Konvents wurden zeitgleich mit der Übermittlung
an die Konventsmitglieder auch im Internet veröffentlicht[6]. Außerdem
hat der Konvent mehrere Anhörungen von Interessengruppen durchgeführt. Wenn
diese Debatte auch nicht in ausreichendem Maße die breite Öffentlichkeit
erfasst hat, so hat sich die Fachöffentlichkeit doch intensiv beteiligten und
so zum guten Konventsergebnis beigetragen.
Entscheidend
für den Erfolg des Konvents war drittens die Rolle des Präsidiums und insbesondere
die seines Präsidenten, Valéry Giscard d´Estaing. Auf Grund der
unterschiedlichen Legitimation der Konventmitglieder war das klassische
parlamentarische Verfahren, das Mehrheitsprinzip, nicht anwendbar. Wie sollte
etwa einer der beiden Kommissare gegenüber einem der 50, unter Einbeziehung der
Beobachter sogar 56, nationalen Parlamentarier
gewichtet werden? Oder ein Vertreter des Europäischen Parlaments im Verhältnis
zu demjenigen einer nationalen Regierung? Dadurch gab es auch keine förmlichen
Änderungsanträge zu den Entwürfen, über die hätte abgestimmt werden können. Die
einzige Methode, in einer so heterogenen Gruppe zu Ergebnissen zu kommen, bestand
in Folgendem: Alle Konventmitglieder konnten schriftliche Beiträge einreichen
oder in den Plenartagungen mündliche Stellungnahmen (Länge für jeden Redner,
ohne Ansehen der Person, maximal 3 Minuten!) abgeben. Bestimmte Sachgebiete
wurden in Arbeitsgruppen vertieft. Das Präsidium nahm alle diese Interventionen
zur Kenntnis und erarbeitete in eigener Verantwortung einen ersten Entwurf, so
dass dieser, nach Einschätzung des Präsidiums, das Ergebnis der Beratungen
bestmöglich widerspiegelte. Dieser Entwurf wurde zur erneuten Debatte im Plenum
vorgelegt. Als Ergebnis überarbeitete des Präsidiums ihn wiederum in eigener Verantwortung.
Der fertige Text wurde abschließend dem Plenum vorgelegt und von diesem
"im Konsens" angenommen.
Das
vierte Charakteristikum der Konventsmethode ist eben dieser Konsensbegriff.
Keinesfalls ist dies der Konsens im herkömmlichen Sinne, also die Abwesenheit
förmlich bekundeten Widerspruchs, denn in der abschließenden Sitzung hat eine
Reihe von euroskeptischen Konventmitgliedern dem Entwurf ausdrücklich
widersprochen[7]
und auch die spanische Regierungsvertreterin und Außenministerin Ana de Palacio
hatte deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der vorgeschlagenen
"doppelten Mehrheit" als Entscheidungsverfahren im Rat nicht
einverstanden war[8].
Trotzdem hat Konventspräsident Giscard den "Konsens" festgestellt. Zu
Recht, denn ein herkömmlicher Konsens wäre in einer so großen und heterogenen
Versammlung, wie es der Konvent war, niemals zu erzielen gewesen. Dieser
Konsens im Sinne des Konvents lässt sich also am ehesten definieren als die
Überzeugung des Konventspräsidiums bzw. des Konventspräsidenten, dass kein
ratifikationshindernder Widerspruch vorliegt.
Eben
wegen dieses eigentümlichen Konsensbegriffs ist die nachgeschaltete
Regierungskonferenz unverzichtbar: Durch sie erst erhält der Vertragsentwurf
die erforderliche Akzeptanz bei allen Regierungen der Mitgliedstaaten, die
notwendig ist, solange die Mitgliedstaaten noch die Herren der Verträge sind.
Andererseits bildet der ehrgeizige Konventsentwurf, mit seinem durch die Zusammensetzung
des Konvents vermittelten eigenen politischen Gewicht, die Grundlage von der
abzuweichen jedem Mitgliedstaat höchste politische Energie abfordert. Das hat
die Erfahrung dieser Regierungskonferenz gezeigt: wenn auch in Einzelfragen -
z. B. bei der Zusammensetzung der Kommission oder den Einzelheiten der
Berechnung der qualifizierten Mehrheit - neue Lösungen vereinbart wurden, sind
doch sowohl die tragenden Grundzüge des Konventsentwurfs als auch die große
Masse seiner Einzelergebnisse unangetastet geblieben. Man kann also sagen, dass
das Konventspräsidium mit seiner Einschätzung den "Konsens" zwar
nicht zu hundert Prozent getroffen hat, ihm aber doch so nahe gekommen ist, wie
es bei einer derart schwierigen politischen Prognoseentscheidung nur möglich
ist.
Daher
ist der Konvent mit nachgeschalteter Regierungskonferenz zu Recht als
Regelverfahren für künftige Vertragsänderungen festgeschrieben worden[9].
II. Die Zukunftsperspektiven der Europäischen Union auf der Grundlage der Verfassung im Einzelnen
1. Klare
Definition der Europäischen Union
Anders
als ein Staat, der auch jenseits einer (geschriebenen) Verfassung existieren
kann, wird die Europäische Union erst durch den Verfassungsvertrag begründet
und nur durch ihn definiert. Es handelt sich übrigens um eine Neugründung: Mit
Inkrafttreten der Verfassung werden die bisherige Europäische Gemeinschaft und
die bisherige Europäische Union (ohne Rechtspersönlichkeit) aufgehoben (Art.
IV-437 EV) und eine neue Europäische Union (mit Rechtspersönlichkeit) gegründet
(Art. I-1 EV). Diese ist Rechtsnachfolger ihrer Vorgänger und übernimmt alle
deren Rechte und Verpflichtungen und insbesondere den gesamten bisherigen
gemeinschaftlichen Besitzstand, der weiter gilt (Art. IV-438).
Die
Europäische Union ist also nur das, als was die Verfassung sie definiert. Dies
lässt sich unter den folgenden vier Punkten zusammenfassen. Sie entsprechen,
bis auf die einheitliche Rechtspersönlichkeit, dem Verständnis von Gemeinschaft
und Union, das die Lehre des Gemeinschaftsrechts seit den Römischen Verträgen
entwickelt hat. Jedoch ist es das Verdienst der Verfassung, diese grundsätzlichen
Definitionsmerkmale erstmals umfassend systematisch zusammengestellt und
behutsam weiterentwickelt – siehe Rechtspersönlichkeit - zu haben.
a) Supranationale
Integrationsgemeinschaft eigener Art
Auch
die neue Europäische Union bleibt eine supranationale Integrationsgemeinschaft,
die mit keinem Vorbild in der Geschichte, außer ihrer Vorgängerin, zu
vergleichen ist. Das heißt zunächst: Sie wird nicht zum Bundesstaat. Dessen
kennzeichnendes Merkmal, die Kompetenz-Kompetenz - also die Zuständigkeit, über
die Verteilung der Zuständigkeiten zu entscheiden - bleibt bei den
Mitgliedstaaten. Diese bleiben Herren der Verträge. Bemerkenswert war, dass
selbst im Konvent die Forderung nach einem europäischen Bundesstaat praktisch
keine Rolle gespielt hat. Das heißt zwar nicht notwendigerweise, dass dieses
Ziel damit für immer aufgegeben ist, aber gegenwärtig steht es jedenfalls nicht
auf der politischen Tagesordnung. Andererseits ist damit die Frage nach der
Finalität der Union auch nicht abschließend entschieden. Wahrscheinlich ist das
auch gar nicht möglich: Die Europäische Union bleibt, anders als ein Staat, ein
Prozess.
Das
heißt aber auch, dass diese supranationale Gemeinschaft klar abgegrenzt wird zu
imperialen oder intergouvernementalen Formen der Herrschaftsausübung bzw.
Zusammenarbeit. Die Abgrenzung zur imperialen Herrschaftsausübung mag auf den
ersten Blick verwunderlich erscheinen, doch die Debatte in einigen neuen
Mitgliedstaaten hat gezeigt, dass sie nützlich ist. Ein Argument von
Beitrittsgegnern in neuen Mitgliedstaaten lautet: Man sei gerade der Sowjetunion
entflohen und wolle die neugewonnene Freiheit nicht durch Beitritt zu einer
weiteren Union gleich wieder aufs Spiel setzen. Der Unterschied zwischen diesen
beiden „Unionen“ könnte aber größer nicht sein: Bei der supranationalen
Integrationsgemeinschaft übt zwar auch das Zentrum, also "Brüssel",
in gewisser Weise Hoheitsgewalt gegenüber der Peripherie, also den Mitgliedstaaten,
aus, da die Gemeinschaftsorgane nicht vollständig von den Regierungen der
Mitgliedstaaten kontrolliert werden - sonst wäre es eine bloß
intergouvernementale Zusammenarbeit. Aber diese Hoheitsgewalt ist, anders als
bei der imperialen Herrschaftsausübung, in jedem Fall demokratisch
kontrolliert, entweder durch die Regierungen oder unmittelbar durch die
Unionsbürger über die Wahlen zum Europäischen Parlament. Die Übertragung von
Hoheitsbefugnissen von den Mitgliedstaaten auf die Union ist also nichts
anderes als die in allen demokratischen Gemeinwesen übliche Delegation
politischer Macht auf - direkt oder indirekt - demokratisch kontrollierte Organe. Das wird in dem Kapitel der Verfassung über das
demokratische Leben der Union nochmals besonders hervorgehoben (Art. I-46 EV).
Die
Union ist schließlich mehr als eine bloße intergouvernementale Zusammenarbeit:
In vielen Bereichen können Unionsorgane unabhängig vom Willen einzelner
Mitgliedstaaten und sogar gegen diesen handeln. Konstituierende Merkmale dieser
supranationalen Hoheitsausübung sind: das Vorschlagsmonopol der Kommission im
Gesetzgebungsverfahren, durch das alle Gesetzesvorschläge zunächst auf ihre Verträglichkeit
mit dem Gemeinwohl der Union (volonté générale) – im Gegensatz zum kumulierten
Einzelinteresse der Mitgliedstaaten (volonté de tous) – geprüft werden; die
Mitentscheidung des Europäischen Parlaments im Gesetzgebungsverfahren; die Beschlussfassung
mit qualifizierter Mehrheit im Rat; die Rechtsprechungsbefugnis des Europäischen
Gerichtshofs sowie die direkte Geltung und unmittelbare Anwendbarkeit des
Unionsrechts. Dies schließt übrigens nicht aus, dass für bestimmte Bereiche, z.
B. die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, weiterhin besondere Verfahren
gelten, die eine stark intergouvernementale Prägung aufweisen, allerdings immer
noch mit einigen supranationalen Spuren, z. B. der Entscheidung mit
qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag des Außenministers der Union in bestimmten,
eng begrenzten, Fällen.
b) Bürger-
und Staatenunion
Art.
I-1 EV führt die Gründung der neuen Union zurück auf den Willen der
Unionsbürger und der Staaten, definiert also ihre Doppelnatur als Bürger- und
Staatenunion. Aus dem Aspekt der Bürgerunion folgt, dass die Union in ein
unmittelbares demokratisches Herrschaftsverhältnis mit dem einzelnen
Unionsbürger tritt: Sie übt ihm gegenüber unmittelbar öffentliche Gewalt aus,
z. B. durch die direkt und unmittelbar geltenden Unionsgesetze. Sie unterliegt
aber auch seiner unmittelbaren demokratischen Kontrolle in den Europawahlen.
Dies gilt besonders für die Gesetzgebung, wo das Europäische Parlament fast
durchgehend mitentscheidet.
Aus
dem Aspekt der Staatenunion folgt, dass die Mitgliedstaaten die letzte
Kontrolle über die Europäische Union behalten. Ausdruck dessen ist der
Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Art. I-11 Abs. 1 EV), nach dem die
Union nur die Zuständigkeiten ausüben kann, die ihr von den Mitgliedstaaten
ausdrücklich übertragen worden sind. Es ist dies das Gegenstück zur fehlenden
Kompetenz-Kompetenz und damit zur fehlenden Bundesstaatlichkeit der Union.
Diese letzte Kontrolle durch die Mitgliedstaaten wird auch nicht durch den
Vorrang des Unionsrechts (Art. I-6 EV) in Frage gestellt, denn dieser Vorrang
gilt selbstverständlich auch in Zukunft nur soweit und solange der Union von
den Mitgliedstaaten eine Zuständigkeit übertragen ist. Die Mitgliedstaaten als
Herren der Verträge haben es also der Hand, eine solche Zuständigkeitsübertragung
durch Vertragsänderung zu widerrufen. Andererseits umfasst der der Union
übertragene Hoheitsbereich heute praktisch aller Lebensbereiche der Unionsbürger,
wenn auch mit unterschiedlicher Eingriffsintensität, abhängig von der Art der
zugewiesenen Zuständigkeit: ausschließliche, geteilte oder nur unterstützende.
c) Einheitliche
Rechtspersönlichkeit und Überwindung der Säulenstruktur
Die
große Neuerung, welche die Verfassung in bezug auf die Grundlagen der Union
festgelegt hat, ist die einheitliche Rechtspersönlichkeit und die damit möglich
gewordene Überwindung der Säulenstruktur, die kennzeichnend war für das Recht
der Europäischen Union seit dem Maastricht-Vertrag.
Die
neue Europäische Union umfasst nicht nur die bisherige (nichtrechtsfähige)
Union, sondern auch die bisherige Europäische Gemeinschaft, die ehemalige
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und
Stahl war bereits 2002 ausgelaufen. Für EURATOM wurde eine besondere Lösung
gefunden, dazu gleich mehr. Diese neue Europäische Union hat
Rechtspersönlichkeit (Art. I-7 EV). Durch die Einheitlichkeit dieser neuen
Europäischen Union sind einige für das bisherige Unionsrecht prägenden
Grundsätze, wie etwa die Einheitlichkeit des institutionellen Rahmens selbstverständlich
geworden und bedürfen keiner gesonderten Erwähnung mehr: da es nur noch eine
Rechtspersönlichkeit gibt, sind alle Organe dieser Union zunächst für alle Tätigkeitsbereiche
der Union zuständig, allerdings selbstverständlich nur im Rahmen der ihnen in
der Verfassung zugewiesenen Befugnisse. Daraus folgt, dass einzelne Organe,
Institutionen oder sonstige Einrichtungen der Union je nach Tätigkeitsbereich
auch weiterhin unterschiedliche Befugnisse haben können. Wie bisher ergeben
sich zum Beispiel die Befugnisse von Kommission, Rat und Europäischem Parlament
im Rechtsetzungsverfahren aus der Rechtsgrundlage, auf die die jeweilige
Handlung gestützt ist: diese benennt das Verfahren (z. B. das "ordentliche
Gesetzgebungsverfahren") und definiert so die jeweiligen Handlungsbefugnisse.
So gilt z. B. auch weiterhin, dass der Rat im Gesetzgebungsverfahren fast immer
mit qualifizierter Mehrheit, in der GASP aber, bis auf wenige Ausnahmen,
einstimmig entscheidet. Ebenso ist der Europäische Gerichtshof auch weiterhin
nicht zuständig in Fragen der GASP, mit Ausnahme der Überprüfung von Sanktionsmaßnahmen
gegen Einzelne (Art. III-376 EV).
Ausgenommen
von der einheitlichen Rechtspersönlichkeit ist die Europäische Atomgemeinschaft,
die weiterhin als eigenständige Rechtspersönlichkeit auf der Grundlage des EAGV
fortbesteht. Dieser Vertrag wurde, im Protokoll Nr. 36 zur Verfassung, nur
insoweit angepasst, wie dies durch die Neuregelungen in der Verfassung
unvermeidbar war: so musste zum Beispiel das neue System der Rechtsinstrumente
auch auf den EAGV übertragen werden. Hintergrund dieser, aus rein juristischer
Sicht merkwürdig erscheinenden, Lösung war das Ziel, den EAGV nicht in die mit
Anspruch auf eine gewisse Dauer ausgestattete Verfassung zu übernehmen, sondern
seinen "Fossilcharakter" zu betonen: Dementsprechend wurde in der
Erklärung einiger Mitgliedstaaten, darunter Deutschlands und Österreichs[10]
festgehalten, dass die zentralen Bestimmungen des EAGV seit dessen
Inkrafttreten in ihrer Substanz nicht geändert worden sind und aktualisiert
werden müssen.
d) Rechts-
und Wertegemeinschaft
Auch
unter der Verfassung bleibt das Europarecht und insbesondere seine Auslegung
durch den Europäischen Gerichtshof die Klammer, die die Europäische Union
zusammenhält. Diese zentrale Rolle des EuGH ist durch eine behutsame Ausdehnung
seiner Zuständigkeiten noch gestärkt worden: Hierzu gehört in erster Linie die
bereits erwähnte Zuständigkeit für Klagen betroffener Einzelpersonen gegen belastende
Maßnahmen im Rahmen der GASP.
Ein
wichtiger Fortschritt für die Verdeutlichung der Wertegemeinschaft nach außen
ist darüber hinaus die Übernahme der Grundrechtecharta in die Verfassung, als
deren Teil II. Dies ist nicht nur im Sinne einer subjektiven
Grundrechtsgewährleistung zu sehen, sondern auch als förmliche Proklamation der
objektiven Werteordnung der Europäischen Union: Sie haben sich vielleicht schon
einmal gefragt, warum in Art. II-62 Abs. 2 EV das Verbot der Todesstrafe
verankert ist, also in einer Vorschrift, die nach Art. II-111 EV nur für die
Unionsorgane und die Mitgliedstaaten bei der Anwendung des Unionsrechts gilt.
Und dass, obwohl es niemals eine Bestimmung des Unionsrechts gegeben hat oder
geben wird, die eine Verurteilung zur Todesstrafe vorsehen würde. Der Grund für
die Aufnahme in den EU-Grundrechtekatalog liegt in dem Anspruch der
Grundrechtecharta, eine umfassende objektive Werteordnung für die Union zu
normieren und dazu gehört unzweifelhaft das Verbot der Todesstrafe. Praktischer
Ausfluss dessen ist z. B. die aktive Politik der Europäischen Union im Rahmen
der GASP gegen die Todesstrafe weltweit.
Darüber
hinaus werden die Grundrechte mit der Übernahme in die Verfassung selbstverständlich
auch Teil des Primärrechts, auf das sich jeder einzelne vor Gericht berufen
kann. Dies wird in der Praxis allerdings wenig ändern, da die Grundrechtecharta
ihrem Ansatz nach lediglich eine Kodifizierung ist. Die in ihr niedergelegten
Grundrechte sind bereits im geltenden Unionsrecht gem. Art. 6 Abs. 2 EUV als
Menschenrechte aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte
und Grundfreiheiten oder als Grundrechte aus der gemeinsamen Verfassungsüberlieferung
der Mitgliedstaaten zu beachten. Dennoch ist die Zusammenfassung und
schriftliche Verankerung in der Verfassungsurkunde ein wichtiger Schritt zu
mehr Transparenz für die Bürger.
2. Stärkung der demokratischen Rückkoppelung der Europäischen Union an den Unionsbürger
Das
Demokratiedefizit der Europäischen Union ist viel geringer als oft angenommen;
zumal die demokratische Kontrolle doppelgleisig verläuft: einmal unmittelbar
durch den Unionsbürger über das Europäische Parlament, zum anderen mittelbar
über die von ihrem jeweiligen Staatsvolk demokratisch legitimierten
Regierungen, die im Rat, beziehungsweise auf der Ebene der Staats- und
Regierungschefs im Europäischen Rat handeln. Beide Formen werden durch die
Verfassung gestärkt, darüber hinaus werden erstmals zwei zusätzliche Formen
demokratischer Rückkopplung auf Unionsebene eingeführt: erste Ansätze einer
direkten Mitwirkung der Unionsbürger am Gesetzgebungsverfahren über das
Unionsbürgerbegehen und eine eigene Rolle für die nationalen Parlamente bei der
Subsidiaritätskontrolle.
Die demokratische
Kontrolle über das Europäische Parlament wird durch die Ausdehnung der
Mitentscheidung auf fast alle Legislativakte gestärkt. Eine Zählung kommt auf
44 zusätzliche Rechtsgrundlagen in der Mitentscheidung[11], die
entweder aus anderen Beschlussfassungsverfahren in die Mitentscheidung
überführt oder aber neu unmittelbar in Mitentscheidung geschaffen wurden. Das
Mitentscheidungsverfahren wurde auch ausdrücklich Regel-Gesetzgebungsverfahren.
Dies findet seinen Ausdruck nicht zuletzt in dem vereinfachten Mechanismus
(sog. "Passerelle"), mit dem eine Rechtsgrundlage, bei der noch ein
anderes Gesetzgebungsverfahren gilt, durch einstimmigen Beschluss des
Europäischen Rats in die Mitentscheidung überführt werden kann, sofern nicht
ein nationales Parlament diesem Übergang binnen sechs Monaten widerspricht
(Art. IV-444 EUV). So wird trotz des Umstands, dass größere Vertragsänderungen
auf längere Sicht nicht mehr zu erwarten sind, die Möglichkeit weiterer Integrationsfortschritte,
verbunden mit einer besseren demokratischen Legitimation, aufrechterhalten.
Als
einer der Hauptgründe für die geringe Beteiligung an den Wahlen zum
Europäischen Parlament wird zu Recht
deren mangelnde Personalisierung angesehen. Hier geht die Verfassung einen
kleinen Schritt weiter als bisher, indem sie die Wahl des
Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament vorschreibt, allerdings
auf Vorschlag des Europäischen Rats (Art. I-27 Abs. 1 EV). Durch den Begriff "Wahl" anstelle der
bisherigen bloßen "Zustimmung", wird der politische Schwerpunkt bei
der Auswahl des Kommissionspräsidenten verschoben: Lag er bisher in erster
Linie beim Europäischen Rat, kommt die entscheidende Rolle nunmehr dem Europäischen
Parlament zu. Dieses wird durch die Verfassung endgültig politisch in die Lage
versetzt, glaubhafte Spitzenkandidaten für die verschiedenen Lager in den Europawahlen
zu benennen, an denen der Europäische Rat - im Falle eines Wahlsiegs - nicht
vorbei kommt. Die Wahl zum Europäischen Parlament würde damit mittelbar zur
Wahl des Kommissionspräsidenten, so wie die Wahl zum Deutschen Bundestag
allgemein als Kanzlerwahl angesehen wird. Das Europäische Parlament erhält mit
der Verfassung also die notwendigen Instrumente, um durch eine geschickte
Auswahl einer geeigneten Persönlichkeit und einen auf den künftigen
Kommissionspräsidenten zugeschnittenen Wahlkampf, den entscheidenden Einfluss
auf die Besetzung dieses Amtes zu erhalten. Vielleicht heißt es dann in einigen
Jahren: Europawahlen sind Kommissionspräsidentenwahlen.
Soweit
die doppelt vermittelte demokratische Kontrolle über die im Rat beschließenden,
aber ihrerseits demokratisch kontrollierten Regierungen betroffen ist, bewirkt
die Verfassung eine ganz wesentliche Verbesserung durch die Einführung der
doppelten Mehrheit im Rat. Diese ist ab 1.11.2009 im Regelfall erreicht, wenn
eine Maßnahme von 55 % der Mitgliedstaaten befürwortet wird, sofern diese mindestens
65 % der Unionsbevölkerung auf sich vereinen (Art. I-25 Abs. 1 EV). Es heißt übrigens ausdrücklich
"Bevölkerung", entscheidend für die Berechnung ist also nicht die
Zahl der Staatsangehörigen, sondern die Wohnbevölkerung in dem betreffenden Mitgliedstaat.
Hierdurch wird ein sehr klarer und leicht nachvollziehbarer
Entscheidungsmechanismus festgelegt, in dem auch gut die Doppelnatur der Union
als Bürger- und Staatenunion zum Ausdruck kommt: Einerseits wird, entsprechend
dem Grundsatz der Bürgergleichheit, jedem Angehörigen der Wohnbevölkerung eine
virtuelle Stimme zuerkannt, andererseits wird die Staatengleichheit
entsprechend dem Leitsatz "ein Staat, eine Stimme" verwirklicht.
Dieser
Regelfall wird zwar durch einige Zusatzkriterien ergänzt, die aber der Praxis
kaum eine Rolle spielen werden. Besonders deutlich wird dies beim zusätzlichen
Erfordernis, dass die Staatenmehrheit mindestens 15 Mitgliedstaaten umfassen
muss. Dies ist bereits bei 27 Mitgliedstaaten in jedem Falle gewährleistet und
bei der ersten Anwendung der Vorschrift Ende 2009 wird die Union aller
Voraussicht nach mindestens 27 Mitgliedstaaten haben. Angesichts dessen stellt
sich die Frage, warum eine solche, ins Leere gehende Regelung überhaupt
vereinbart wird? Dies ist das typische Ergebnis eines in letzter Minute
erzielten politischen Kompromisses: ein Mitglied des Europäischen Rats hatte
auf diesem Zusatzkriterium beharrt, da es bei 25 Mitgliedstaaten zu einer impliziten
Staatenschwelle von 60 % (15/25) führt.
Ein
weiteres Zusatzkriterium bezieht sich auf die Sperrminorität, die an sich beim
Erreichen von 35 % der vertretenen Bevölkerung gegeben ist, was bereits allein
durch die drei größten Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien
gegeben wäre. Um einen solchen, von einigen Mitgliedstaaten als übermäßig
empfundenen, Einfluss dieser größten Mitgliedstaaten zu vermeiden, wurde eine
zusätzliche Mindestschwelle für die Sperrminorität in Höhe von vier Mitgliedstaaten
eingeführt.
Schließlich
erlebt - auf polnischen Wunsch - der alte Ioannina-Kompromiss[12] eine Auferstehung:
In einem bei Inkrafttreten der Verfassung gesondert zu fassenden Beschluss[13] wird
geregelt, dass eine qualifizierte Minderheit von drei Viertel der für das
Erreichen einer Sperrminorität erforderlichen Mitgliedstaaten oder der
vertretenen Bevölkerung einer Beschlussfassung widersprechen kann. In diesem
Falle wird weiter verhandelt, mit dem Ziel, eine breiter abgestützte Lösung zu
finden - allerdings immer „unter Einhaltung der Geschäftsordnung des Rats“, d.
h. jeder Mitgliedstaat kann binnen der in der Geschäftsordnung vorgesehenen
Frist eine förmliche Abstimmung verlangen, die dann nach den allgemeinen Regeln
erfolgt. Es handelt sich also um ein lediglich aufschiebendes Veto. Dieser
Beschluss kann zudem fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verfassung mit
qualifizierter Mehrheit aufgehoben werden.
Mit
der Verfassung werden zwei auf Unionsebene völlig neue Ansätze demokratischer
Kontrolle und Mitwirkung eingeführt: die Subsidiaritätskontrolle durch die
nationalen Parlamente und das Unionsbürgerbegehren.
Im
Rahmen der Subsidiaritätskontrolle werden die nationalen Parlamente erstmals
unmittelbar in das Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene einbezogen.
Der hinter diesem Frühwarnmechanismus stehende Gedanke ist, dass den nationalen
Parlamenten durch die Regelungsdichte auf europäischer Ebene zunehmend
Kompetenzen entzogen werden, und sie im Gegenzug unmittelbare Mitwirkungsbefugnisse
auf europäischer Ebene erhalten sollen. Die im Protokoll über die Rolle der
nationalen Parlamente gefundene Lösung sieht vor, dass alle Entwürfe für
Gesetzgebungsakte allen nationalen Parlamenten, auch jeder Kammer gesondert,
zugeleitet werden. Widerspricht ein Drittel der nationalen Parlamente, wobei
jede Kammer eines Zweikammerparlaments eine gesonderte Stimme hat, der
Regelung, so ist der Autor des Entwurfs (im Regelfall die Kommission, aber in
den Teilbereichen, in denen noch Mitinitiativrechte der Mitgliedstaaten bestehen,
auch diese) verpflichtet, seinen Entwurf zu überprüfen. Er muss sich also
argumentativ mit den geltend gemachten Einwänden auseinander setzen und wird im
Regelfall seinen Entwurf entsprechend überarbeiten, da bei Widerspruch eines
Drittels der nationalen Parlamente kaum damit zu rechnen ist, dass die durch
sie kontrollierten Regierungen dem Entwurf im Rat zustimmen werden. Er kann den
Entwurf aber auch mit neuer Begründung erneut vorlegen.
Die innovativste
Neuerung ist schließlich das Volksbegehren auf europäischer Ebene (Art. I-47
Abs. 4 EV): Eine Million Unionsbürger aus einer hinreichend großen Zahl von
Mitgliedstaaten können die Kommission auffordern, einen Gesetzgebungsvorschlag
vorzulegen. Diese muss allerdings weiterhin entscheiden, ob sie dieser
Aufforderung nachkommt.
3. Sicherung
der Handlungsfähigkeit auch mit 25 und mehr Mitgliedstaaten
Einer
der wesentlichen Beweggründe für die Einberufung des Konvents und der
anschließenden Regierungskonferenz war die Sicherung der Handlungsfähigkeit
angesichts der unmittelbar bevorstehenden Osterweiterung. Zwar war in Nizza
festgestellt worden, dass mit dem dort vereinbarten Vertrag die
institutionellen Mindestvoraussetzungen für die Erweiterung geschaffen worden
waren, und die Erweiterung ist auf dieser Grundlage am 1. Mai 2004 vollzogen
worden; dennoch war bereits in Nizza offensichtlich, dass die dort vereinbarte
Minimallösung auf Dauer nicht ausreichen würde.
Bei
der Sicherung der Handlungsfähigkeit ist der Konvent doppelgleisig vorgegangen:
Stärkung einerseits der Beschlussfassungsverfahren, andererseits der
Institutionen.
Wichtigste
Maßnahme zur Stärkung der Entscheidungsfähigkeit war die massive Ausweitung der
qualifizierten Mehrheit auf 46 zusätzliche Rechtsgrundlagen[14], die -
wie zuvor beim Mitentscheidungsverfahren - teilweise direkt in qualifizierter
Mehrheitsentscheidung neu eingeführt, teilweise aus der Einstimmigkeit in die
qualifizierte Mehrheit überführt worden sind. Allerdings verbleiben bedeutende
Bereiche, bei denen ein nennenswerter Übergang zur Mehrheitsentscheidung aus
politischen Gründen nicht möglich war, insbesondere die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
und vor allem die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Hier hat
man als Ausweg auf die unten näher beschriebenen Flexibilitätsinstrumente
zurückgegriffen, damit ein Teilnehmerstaat, der eine Maßnahme nicht mitträgt,
zwar nicht daran teilnehmen muss, die anderen aber auch nicht hindert, sie für
sich durchzuführen.
Sicherung
der Handlungsfähigkeit durch effizientere Institutionen, unter dieses Motto
fallen der ernannte Präsident des Europäischen Rats, die Verkleinerung der
Kommission ab 2014 und der Außenminister der Union. Letzterer wird unten
ausführlich besprochen.
Ab
Inkrafttreten der Verfassung wird ein auf zweieinhalb Jahre von den Mitgliedern
des Europäischen Rats gewählter Präsident dessen Arbeiten leiten. Er erhält
damit maßgeblichen Einfluss auf die Tagesordnung der Europäischen Räte und
damit der Arbeiten der Europäischen Union insgesamt. Dies geht zu Lasten des Landes,
das den Vorsitz im Rat führt. Nach der Verfassung ist hier eine Teampräsidentschaft
für anderthalb Jahre vorgesehen, die sich aus drei Mitgliedstaaten zusammensetzt.
Die Teammitglieder teilen die Arbeit untereinander auf, wobei als Regelverteilung
vorgesehen ist, dass jedes Teammitglied den Vorsitz in allen Ratsformationen -
mit Ausnahme des Außenrats unter dem Vorsitz des Außenministers der Union - für
sechs Monate führt und anschließend den Vorsitz in allen diesen Formationen an
das nächste Teammitglied übergibt. Mit dem ernannten Präsidenten des
Europäischen Rats wird die bisher bestehende Befehlskette innerhalb des
Präsidentschaftslandes durchbrochen: die Tagesordnung des Europäischen Rats bestimmt
nicht mehr in erster Linie der Staats- oder Regierungschef des Vorsitzlandes,
sondern der gewählte ER-Präsident. Damit hofft man auf mehr Kontinuität bei der
Prioritätensetzung der Union, da bisher jedes Vorsitzland bestrebt war, auf
"seinem" Europäischen Rat möglichst öffentlichkeitswirksame Resultate
präsentieren zu können, oftmals unter Vernachlässigung der längerfristigen
Kontinuität der Arbeit der Union. Das neue System verbindet die zweieinhalbjährige
Perspektive des ER-Präsidenten mit der effizienten internen Koordinierung
zwischen den verschiedenen Ratsformationen, die weiterhin durch die bestehenden
Mechanismen innerhalb der Regierung des Vorsitzlandes gewährleistet wird.
Einer
der wenigen Punkte, in dem die Regierungskonferenz das Konventsergebnis
inhaltlich spürbar abgeändert hat, ist die Zusammensetzung der Europäischen
Kommission. Der Konvent hatte ein System aus Kommissaren mit und ohne
Stimmrecht vorgeschlagen, das von zahlreichen Mitgliedstaaten als
"Zweiklassen-Kommission" strikt abgelehnt wurde. Der in der Regierungskonferenz
gefundene Kompromiss sieht bis 2014 einen Kommissar pro Mitgliedstaat und
danach eine Verringerung auf Zweidrittel der Zahl der Mitgliedstaaten vor, so
dass in jeder Kommission ein Drittel der Mitgliedstaaten nicht vertreten ist.
Dabei gilt das System gleichberechtigter Rotation. Die hinter dieser
Verkleinerung stehende Effizienzüberlegung lautet, dass ein Kollegialorgan eine
bestimmte Größe nicht überschreiten darf, um entscheidungsfähig zu bleiben.
Außerdem soll so der, bei einer eins zu eins Zuordnung von Kommissaren zu
Mitgliedstaaten besonders hohen, Gefahr einer übermäßigen Identifikation des
Kommissars mit einem Herkunftsstaat vorgebeugt werden: Ein Kommissar ist
schließlich - trotz gewisser Probleme in der Praxis - nicht der Vertreter
seines Heimatstaats, sondern der Vertreter des europäischen Gesamtinteresses.
4. Bessere
Verständlichkeit für den Bürger
Neben
dem angeblichen Demokratiedefizit ist mangelnde Verständlichkeit ein ständiger
Topos der Kritik an der Europäischen Union. Schon in der Erklärung zur Zukunft
der Union von Nizza, mit der der Verfassungsprozess eingeleitet worden war,
gehörten die genauere Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen
Union und den Mitgliedstaaten, sowie die Vereinfachung der Verträge, um diese
klarer und verständlicher zu machen, zu den zentralen Arbeitsaufträgen.
Einen
deutlichen Schritt in Richtung einer klareren Kompetenzordnung der Union[15] bedeutet
die Einteilung der ihr übertragenen Zuständigkeiten in fünf Kategorien (Art.
I-12 ff. EV): ausschließliche, geteilte, koordinierende, außenpolitische und
ergänzende Zuständigkeit. Auffangkategorie ist dabei die geteilte
Zuständigkeit: In sie fällt jede der Union übertragene Kompetenz, die nicht
ausdrücklich einer anderen Kategorie zugeordnet ist (Art. I-14 Abs. 1 EV). Dementsprechend ist die Liste der geteilten
Zuständigkeiten in Art. I-14 Abs. 2 EV auch nur beispielhaft. Bemerkenswert ist
außerdem, dass den Mitgliedstaaten bei der geteilten Zuständigkeit zwar
grundsätzlich ein Bereich verbleibt, den sie eigenmächtig regeln können,
allerdings nur in dem Ausmaß, wie die Union ihre Zuständigkeit (noch) nicht
ausgeübt hat (Art. I-12
Abs. 2 EV). Aus
dieser Bestimmung - sowie im Gegenschluss aus Art. I-14 Abs. 3 und 4 EV, in
denen für bestimmte Bereiche ausgeschlossen wird, dass die Ausübung der
Unionszuständigkeiten dazu führt, dass die Mitgliedstaaten die ihrige nicht
mehr ausüben können - lässt sich schlussfolgern, dass die Union zumindest
Einzelbereiche dieser Zuständigkeiten so detailliert regeln kann, dass kein
Raum mehr für die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bleibt. Allerdings würde
eine solche Entscheidung maßgeblich vom Rat getroffen, also zumindest mit einer
qualifizierten Mehrheit der Regierungen der Mitgliedstaaten.
Besonders
hervorzuheben sind die koordinierende Zuständigkeit in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik
und die Zuständigkeit für die GASP. Beides sind Sonderfälle, die man nicht
unter die geteilte Zuständigkeit einordnen wollte: Die wirtschaftspolitische
Koordinierung bleibt, stärker als dies bei der geteilten Zuständigkeit der Fall
ist, in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Die Union ergreift lediglich
Maßnahmen, um die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten durch
diese selbst zu erleichtern. Ähnliches gilt für die GASP, wo die Union zwar
eine eigene außenpolitische Zuständigkeit ausübt, diese aber neben die
außenpolitische Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und nicht an deren Stelle
tritt. Das wird zum Beispiel deutlich bei der Tätigkeit des Auswärtigen
Dienstes der Union, der mit den Auswärtigen Diensten der Mitgliedstaaten
zusammenarbeitet (Art. III-296 Abs. 3 Satz 2 EV) und diese nicht ersetzt.
Die
Europäische Verfassung hat die unübersichtliche Vielzahl der Rechtsinstrumente
des alten EGV auf sechs reduziert und diese zudem mit einem sprechenden Namen
versehen (Art. I-33 EV): Europäische Gesetze statt Verordnungen, Europäische
Rahmengesetze statt Richtlinien, Europäische Verordnungen, Europäische
Beschlüsse sowie als nicht verbindliche Rechtsakte Empfehlungen und Stellungnahmen.
Damit wird für den Bürger besser als bisher deutlich, was der unterschiedliche
Rechtscharakter dieser Instrumente ist. Das gilt besonders für die
abstrakt-generelle Norm mit unmittelbarer Verbindlichkeit, die - wie im
innerstaatlichen Recht - als Gesetz bezeichnet wird. Bedauerlich ist, dass bei
der Europäischen Verordnung - einer abstrakt-generellen Norm ohne (formellen)
Gesetzescharakter[16], etwa
entsprechend der Rechtsverordnung im deutschen Recht - nicht zwischen der
unmittelbar anwendbaren und der Rahmen-Form, die einer Umsetzung bedarf,
unterschieden wird. Hier wäre es wünschenswert gewesen, zwischen der "Verordnung"
und der "Rahmenverordnung" zu unterscheiden, was man jedoch nicht getan
hat - wohl um die Zahl der neuen Rechtsinstrumente möglichst gering zu halten.
Eine
spürbare Vereinfachung des Unionsrechts verspricht man sich von der erstmaligen
Einführung der Normenhierarchie, nachdem alle bisherigen Regierungskonferenzen,
die sich daran versucht hatten, gescheitert waren. Ein weiterer ständiger Topos
der Kritik am Unionsrecht ist seine angeblich übergroße Detailfreude: der Spott
über die Normierung der Traktorsitze ist eines der bekanntesten Beispiele.
Selbstverständlich müssen derartige technische Normen geregelt werden und die
Mitgliedstaaten haben dies schon lange vor der Europäischen Union getan, aber
eben in reinen Ausführungsvorschriften, wie z. B. Industrienormen, und nicht in
Gesetzesform. Ähnlich will man nach der Einführung der Normenhierarchie auch im
Unionsrecht vorgehen: Nur noch die politischen Grundfragen sollen vom
Gesetzgeber in einem förmlichen Unionsgesetz oder Unions-Rahmengesetz geregelt
werden; die Ausführungsbestimmungen werden dann von der Exekutive, also in der
Regel der Kommission, in einem darauf gestützten Ausführungsrechtsakt, einer so
genannten "Delegierten Verordnung" (Art. I-36 EV) geregelt, wobei
natürlich nicht die Verordnung als solche delegiert wird, sondern die Befugnis
zu ihrem Erlass. Der Gesetzgeber behält allerdings die politische Kontrolle,
indem er diese Delegation der Rechtsetzungsbefugnis jederzeit widerrufen oder
auch vorschreiben kann, dass ihm alle delegierten Verordnungen eines bestimmten
Bereichs vorab zur Prüfung vorgelegt werden, und sie nur in Kraft treten
können, falls der Gesetzgeber keine Einwände erhebt (Art. I-36 Abs. 2 EV).
Schließlich
wurden, ähnlich wie die Rechtsinstrumente, auch die Verfahren dadurch
vereinfacht, dass eine Reihe selten verwendeter Verfahren, wie z. B. das Verfahren
der Zusammenarbeit, abgeschafft und die betreffenden Rechtsgrundlagen, so weit
möglich, in das ordentliche Gesetzgebungsverfahren überführt wurden.
5. Mehr Sicherheit trotz offener Grenzen: Vollendung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
Über
das Ergebnis der Regierungskonferenz und die weiteren Perspektiven der Union
bei der Vollendung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, hat
sie die Bundesjustizministerin, Frau Zypries, letzte Woche bereits ausführlich
unterrichtet[17].
Ich werde mich daher hierzu besonders kurz fassen und auf die Innenpolitik
konzentrieren.
Der
Grundgedanke, der der Gewährleistung der inneren Sicherheit der Union seit dem
Schengen-Abkommen zugrunde liegt ist, dass diese Sicherheit besser durch
Zusammenarbeit zwischen den Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten
gewährleistet werden kann, als durch herkömmliche Kontrollen an den nationalen
Grenzen. Also: Mehr Sicherheit trotz offener Grenzen. Der Ansatzpunkt der
Verfassung ist daher der Ausbau der Instrumente, mit denen diese Zusammenarbeit
verbessert werden kann. Dazu gehört in erster Linie die Intensivierung der
polizeilichen Zusammenarbeit (Art. III-275 EV) und die Stärkung von Europol
(Art. III-276 EV), deren Aufgaben und Befugnisse jetzt durch Europäisches
Gesetz, also mit qualifizierter Mehrheit, festgelegt werden.
In die
gleiche Richtung zielt die Rechtsgrundlage zur Errichtung einer Europäischen
Staatsanwaltschaft (Art. III-274 EV), die zunächst für Straftaten zum Nachteil
der finanziellen Interessen der Union zuständig sein soll. Der Europäische Rat
kann aber, durch einen einstimmigen Beschluss mit Zustimmung des Europäischen
Parlaments und nach Anhörung der Kommission, ihre Zuständigkeit auf die große
grenzüberschreitende Kriminalität ausdehnen. Wichtig ist, dass mit dieser
Befugnisnorm die entsprechende Zuständigkeit auf die Union übertragen worden
ist. Das heißt: falls die erforderliche Einstimmigkeit nicht zu Stande kommt,
kann diese Unionszuständigkeit als Grundlage für eine Verstärkte Zusammenarbeit
zwischen denjenigen Mitgliedstaaten dienen, die vorangehen wollen.
Die
Verfassung enthält auch in Art. III-265 Abs. 2 Buchst. d) EV eine
Rechtsgrundlage für die schrittweise Einführung eines integrierten
Grenzschutzsystems zur Kontrolle der Außengrenzen der Union. Während darunter
zunächst eine engere Zusammenarbeit der zuständigen nationalen Behörden zu
verstehen ist, so ist nicht auszuschließen, dass auf dieser Rechtsgrundlage
längerfristig eine Europäische Grenzschutzbehörde errichtet werden könnte,
gegebenenfalls auch im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit.
Die
Verfassung verändert schließlich mit dem Übergang in die qualifizierte Mehrheit
die mit dem Vertrag von Maastricht begonnene schrittweise Einbeziehung des
Bereichs Asyl und Migration in die Unionszuständigkeit. Dabei wurde jedoch,
nicht zuletzt auf Drängen der Bundesregierung, klargestellt, dass das Recht der
Mitgliedstaaten, das Ausmaß der Zuwanderung von Drittstaatsangehörige
aus Drittländern zum Zweck der Arbeitsaufnahme festzulegen, nicht beeinträchtigt
wird (Art. III-267
Abs. 5 EV).
6. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik/Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Auch
zu GASP[18] und ESVP[19] hatten
sie bereits gesonderte Vorträge in dieser Reihe. Dennoch werde ich nochmals
kurz auf den Außenminister der Union und den Europäischen Auswärtigen Dienst
eingehen, da diese zu den wegweisenden Ergebnissen der Verfassung gehören, die
die weitere Entwicklung der Europäischen Union in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten maßgeblich prägen werden.
Der
Außenminister der Union wird zur zentralen Figur der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik. Er vereint drei bisher getrennte Funktionen auf sich: die
des Hohen Vertreters, des Außenkommissars und des Außenministers des Vorsitzlandes.
Er entscheidet zwar nicht über die Außenpolitik der Union, dies bleibt die
Domäne des Rats in seiner Formation Außenbeziehungen, aber er bereitet diese Entscheidungen
maßgeblich vor und führt sie durch. Er ist also zuständig für die operative
Außenpolitik der Union. Darüber hinaus vertritt er die Union nach außen, so
weit nicht die Zuständigkeit der übrigen Kommissare betroffen ist - dann
vertreten diese die Union - und so weit es sich nicht um Treffen auf der Ebene
der Staats- und Regierungschefs handelt, welche vom Präsidenten des
Europäischen Rats wahrgenommen werden. Das heißt vor allem eines: die
Außenvertretung der Europäischen Union wird in Zukunft immer durch einen
dedizierten Repräsentanten der Union erfolgen, also jemanden, der daneben kein
nationales Amt ausübt. Die Außenminister der Mitgliedstaaten werden zwar weiterhin
Außenpolitik betreiben, aber nach außen vertreten sie künftig ausschließlich
ihr Land und nicht die Union. Die Situation, dass der Außenminister des
Vorsitzes sowohl sein eigenes Land als auch die Union vertritt und daher nicht
eindeutig ist, in welcher Eigenschaft er gerade handelt, wird also der
Vergangenheit angehören.
Bei
seiner Tätigkeit stützt sich der Außenminister der Union auf den Europäischen
Auswärtigen Dienst[20]. In der
Verfassung selbst (Art. III-296 Abs. 3 EV) sind nur wenige Grundsätze geregelt,
insbesondere dass der Dienst aus EU-Bediensteten aus dem Ratssekretariat und
der Kommission einerseits sowie aus entsandtem Personal aus den nationalen
diplomatischen Diensten andererseits besteht. Außerdem soll er eine Zentrale in
Brüssel sowie die Auslandsvertretungen der Union umfassen, die aus den
bisherigen Vertretungen der Kommission in Drittländern hervorgehen werden.
Die
Einzelheiten werden in der Übergangszeit zwischen der Unterzeichnung der
Verfassung und ihrem Inkrafttreten ausgearbeitet werden, so dass der
betreffende Europäische Beschluss möglichst bald nach Inkrafttreten der
Verfassung, spätestens jedoch binnen eines Jahres ab diesem Zeitpunkt, gefasst
werden kann. Dieser Beschluss ergeht auf Vorschlag des Außenministers der
Union, mit Zustimmung der Kommission und nach Anhörung des Europäischen
Parlaments. Durch diese Zusammensetzung wird deutlich, dass die nationalen
Dienste und der Europäische Auswärtige Dienst weder isoliert nebeneinander
stehen - was nur zu Reibungsverlusten führen würde - noch miteinander
verschmelzen sollen - was unrealistisch ist, solange die Mitgliedstaaten noch
eine eigenständige Außenpolitik betreiben -; sondern dass sie langsam als
Netzwerk zusammenwachsen sollen. Ziel ist eine "Europäische
Diplomatie" in der die nationalen Auswärtigen Dienste in enger
Zusammenarbeit und idealerweise unter der Koordination des europäischen
Dienstes zusammenarbeiten. Deshalb ist eine sich stets erneuernde enge
personelle Verzahnung wichtig, die es aber andererseits dem Europäischen Dienst
auch erlauben muss, eine eigene Identität zu entwickeln.
Das
zentrale neue Element der Verfassung für die Europäische Sicherheits- und
Verteidigungspolitik ist die ständige Strukturierte Zusammenarbeit (Art. I-41
Abs. 6 EV in Verbindung mit dem Protokoll Nr. 23). Ihr Grundgedanke ist, dass
diejenigen Mitgliedstaaten, die im Bereich der militärischen Fähigkeiten weiter
gehen wollen, dies in einer spezifischen Form der Verstärkten Zusammenarbeit
untereinander tun können. Diese ständige Strukturierte Zusammenarbeit ist inklusiv
ausgestaltet, das heißt sie steht allen Mitgliedstaaten offen, die sich daran
beteiligen möchten und bereit sind, ihren Beitrag zu leisten. Andererseits wird
niemand gezwungen, daran teilzunehmen. Dies ist eine notwendige Rücksichtnahme
auf die allianzfreien Mitgliedstaaten.
7. Offenheit für zukünftige Entwicklungen
durch Stärkung der Flexibilitätsinstrumente
Angesichts
der Tatsache, dass die Verfassung für längere Zeit einen stabilen Rahmen für
die Weiterentwicklung der Europäischen Union bieten soll und neue
Regierungskonferenzen vermieden werden sollen, wurde von Anfang an, gerade
seitens der deutschen Delegation, großer Wert auf Flexibilitätsinstrumente und
erleichterte Vertragsänderungsverfahren gelegt. Ihr Ziel ist es, innerhalb des
Verfassungsrahmens den Spielraum zu schaffen, der für die weitere Integration
erforderlich ist.
Hier
sind insbesondere sechs Instrumente zu nennen:
Zunächst
die beiden Flexibilitätsinstrumente im engeren Sinn, also die Verstärkte
Zusammenarbeit und die ständige Strukturierte Zusammenarbeit, die es einer
Gruppe von Mitgliedstaaten ermöglichen auf einem bestimmten Gebiet, für das der
Union eine Zuständigkeit zugewiesen ist, mit der Integration schneller
vorzugehen, also eine Art Pioniergruppe zu bilden. Aber eine Pioniergruppe innerhalb
der Verfassung, daraus folgt zweierlei: erstens, dass die Mitglieder dieser
Verstärkten Zusammenarbeit im Wege der Organleihe auf die Organe der Union
zurückgreifen und so über diesen institutionellen Rahmen die Kohärenz mit dem
übrigen Handeln der Union sicherstellen und zweitens, dass diese Gruppe
grundsätzlich allen Mitgliedstaaten offen steht, die sich daran beteiligen
wollen und gegebenenfalls festgelegte objektive Kriterien erfüllen. Dies ist
die unionsverträgliche Form, Pioniergruppe zu organisieren. Die Strukturierte
Zusammenarbeit für die ESVP ist vollkommen neu eingeführt. Die Voraussetzungen
für die Verstärkte Zusammenarbeit wurden deutlich erleichtert, insbesondere
wurde die Mindestteilnehmerzahl auf ein Drittel der Mitgliedstaaten
herabgesetzt (Art. I-44 EV).
Einen
vergleichbaren Effekt erreicht man im Bereich der GASP mit der konstruktiven
Enthaltung (Art. III-300
Abs. 1 UA 2 EV). Sie
findet Anwendung bei kleineren Projekten, bei denen sich der Aufwand einer
förmlichen Verstärkten Zusammenarbeit nicht lohnt, z. B. eine einzelne Mission.
Hiernach können Mitgliedstaaten bei ihrer Enthaltung eine förmliche Erklärung
abgeben. Sie sind dann nicht verpflichtet sich zu beteiligen, hindern aber die
anderen nicht, die Maßnahme durchzuführen.
Die
allgemeine Flexibilitätsklausel, der bisherige Art. 308 EGV, jetzt Art. I-18
EV, ist erhalten geblieben: Er bietet eine Rechtsgrundlage für das Handeln der
Union in allen Fällen, in denen dies notwendig ist, um im Rahmen der
Unionspolitiken eines der Ziele der Verfassung zu erreichen und keine andere
Rechtsgrundlage vorgesehen ist. Als Schutz gegen Missbrauch ist weiterhin
Einstimmigkeit im Rat und neu die Zustimmung des Europäischen Parlaments
erforderlich. Außerdem haben die nationalen Parlamente die Möglichkeit, die
Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen des neuen Subsidiaritätskontrollmechanismus
besonders sorgfältig zu überwachen. Zahlreiche Anwendungsfälle in der
Vergangenheit, nicht zuletzt im Rahmen der Terrorismusbekämpfung und bei der
Flutopferhilfe, haben gezeigt, dass diese Vorschrift für die Fortentwicklung
des Unionsrechts unverzichtbar ist.
Völlig
neu eingeführt ist ein erleichtertes Vertragsänderungsverfahren für den
Übergang von der Einstimmigkeit in die qualifizierte Mehrheit beziehungsweise
von einem besonderen Gesetzgebungsverfahren – in der Regel bedeutet das
eingeschränkte Rechte des Europäischen Parlaments - in das Regelgesetzgebungsverfahren,
also die Mitentscheidung (Art. IV-444 EV). Diese so genannte
"Passerelle" ermöglicht den Übergang durch einen einstimmigen
Beschluss des Europäischen Rats. Die Absicht, einen solchen Beschluss zu
fassen, wird den nationalen Parlamenten mitgeteilt. Falls nicht ein nationales
Parlament innerhalb von sechs Monaten widerspricht, kann der Europäische Rat
mit Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments den
Beschluss fassen. Dieses Verfahren beruht auf dem Gedanken, dass die Änderung
des Entscheidungsverfahrens keine neue Hoheitsrechtsübertragung beinhaltet,
sondern lediglich die Einzelheiten der Ausübung einer bereits übertragenen
Zuständigkeit abändert. Daher ist eine erneute Ratifikation, auch unter dem
Gesichtspunkt der begrenzten Einzelermächtigung, nicht erforderlich. Im
Interesse der demokratischen Kontrolle durch die nationalen Parlamente wurde
diesen allerdings trotzdem ein Widerspruchsrecht eingeräumt.
Von
dieser "Passerelle" zu unterscheiden ist das erleichterte
Vertragsänderungsverfahren in bezug auf die Sachpolitiken der Union (Art.
IV-445 EV). Hiernach kann jede Bestimmung von Teil III, Titel III - also die
internen Sachpolitiken der Union - durch einstimmigen Beschluss des Europäischen
Rats nach Anhörung des Europäischen Parlaments geändert werden, sofern dadurch
die Zuständigkeiten der Union nicht erweitert werden. Da diese Einschätzung
aber heikel ist, wurde als Sicherheitsnetz die Ratifikation durch die
Mitgliedstaaten entsprechend ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften
vorgeschrieben. Dieses erleichterte Änderungsverfahren beruht auf der
Überlegung, dass das ordentliche Vertragsänderungsverfahren (Art. IV-443 EV),
selbst wenn auf den Konvent verzichtet wird, für punktuelle Änderungen zu
schwerfällig ist. Angesichts des Ratifikationserfordernisses in 25
Mitgliedstaaten ist allerdings zu befürchten, dass das Verfahren mindestens
ebenso lange dauert, zumal die Erfahrung zeigt, dass das interne Verfahren bei
kleineren ratifizierungsbedürftigen Beschlüssen oft nicht mit demselben
Nachdruck betrieben wird, wie eine Vertragsrevision mit hoher politischer
Sichtbarkeit[21].
Schließlich
enthält die Verfassung noch eine interessante Perspektive für die
institutionelle Weiterentwicklung der Union: diejenige des Doppelhuts auf
Chefebene, also die Personalunion zwischen den Ämtern des Präsidenten der
Europäischen Kommission und des Europäischen Rats. Art. I-22 Abs. 3 EV
verbietet nur, dass der Präsident des Europäischen Rats ein anderes nationales
Amt ausübt und schließt damit die Ausübung eines anderen Amtes auf europäischer
Ebene nicht aus. Dies eröffnet dem Europäischen Rat die Möglichkeit, dieselbe
Person für beide Ämter zu benennen, falls dies einmal politisch gewünscht ist.
Sofern das Europäische Parlament den Betreffenden dann auch zum
Kommissionspräsidenten wählt, steht dem Doppelhut auf Chefebene nichts mehr im
Wege.
Die
Verfassung tritt laut ihrem Art. IV-477 am 1. November
2006 in Kraft, sofern bis dahin alle Ratifikationsurkunden hinterlegt sind,
ansonsten zu Beginn des zweiten Monats nach Hinterlegung der letzten Urkunde.
Angesichts
der politischen Debatte in einigen Mitgliedstaaten und der erklärten Absicht
einiger, ein Referendum durchzuführen - in Deutschland sieht das Grundgesetz
dies nicht vor -, ist die Ratifizierung sicher eine nicht unerhebliche Hürde
für das Inkrafttreten der Verfassung. Dennoch wäre es falsch, von vorneherein
davon auszugehen, dass ein Referendum negativ ausgeht. Die betroffenen
Regierungen werden alles daran setzen, ihre Bevölkerung von den Vorzügen der Verfassung
zu überzeugen.
Im übrigen wäre dies aber auch keine Katastrophe, denn auch
dafür gibt es Beispiele in der Geschichte der Union: das erste Referendum Dänemarks
zum Maastricht-Vertrag 1992 und das erste Referendum Irlands zum Nizza-Vertrag
im Jahr 2001. In beiden Fällen führte die Wiederholung ein Jahr später zu einem
positiven Ergebnis. Dabei waren die Ursache und daher auch die Reaktion der
Union in beiden Fällen unterschiedlich: In Dänemark gab es ganz konkrete
Besorgnisse, z. B. in bezug auf den Euro, die durch eine Präzisierung des
Vertrags ausgeräumt werden konnten; in Irland lag dagegen die Ursache schlicht
in der zu geringen Wahlbeteiligung, was durch intensivere Öffentlichkeitsarbeit
der irischen Regierung behoben werden konnte.
Sollten
dann noch Probleme fortbestehen, so gibt es keine vorgefertigte Lösung. Die
beiden genannten Beispiele zeigen vor allem eines: die notwendigen Maßnahmen
hängen vielmehr in hohem Maße davon ab, welcher Mitgliedstaat aus welchen
Gründen Probleme mit der Ratifikation hat. Sowohl der Konvent als auch die
Regierungskonferenz haben es daher abgelehnt, für diesen Fall spezifische
Regeln vorzusehen und lediglich in der gemeinsamen Erklärung Nr. 30 darauf
hingewiesen, dass der Europäische Rat sich mit der Frage befassen wird, wenn
binnen zwei Jahren mindestens vier Fünftel der Mitgliedstaaten ratifiziert
haben und in einigen Mitgliedstaaten Probleme aufgetreten sind.
Letztlich
bin ich aber zuversichtlich, dass die Verfassung – wenn auch nach intensiven
politischen Auseinandersetzungen in einigen Mitgliedstaaten – am Ende in Kraft
treten wird.
[1] Dr. iur., Stv. Leiter des Sekretariats für die EU-Regierungskonferenz im Auswärtigen Amt. Der Vortrag gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder und ist keiner Institution oder Organisation zurechenbar. Der Vortragsstil wurde beibehalten.
[2] Vom Staatenverbund zur Föderation - Gedanken über die Finalität der europäischen Integration, abrufbar unter: http://www.auswaertiges-amt.de.
[3] Europäischer Rat Brüssel vom 18.6.2004, Schlussfolgerungen der Präsidentschaft Rdnr. 32: Verhandlungsbeginn „zeitig im Jahr 2005“, abrufbar auf der Internetseite des Rates: http://ue.eu.int.
.
[4] In der "Erklärung zur Zukunft der Union", Erklärung Nr. 23 zur Schlussakte des Vertrags von Nizza.
[5] Zur Konventmethode: Kleger, Heinz (Hrsg.): Der Konvent als Labor - Texte und Dokumente zum europäischen Verfassungsprozess, Münster 2004; eine ausführliche Beschreibung des äußeren Ablaufs der Verhandlungen und der politischen Hintergründe findet sich bei: Norman, Peter: The accidental constitution – the story of the European Convention, Brüssel 2003. Alle Dokumente des Konvents sind im Internet veröffentlicht unter: http://european-convention.eu.int; die stenografischen Protokolle aller Konventsitzungen (in der Sprache des Redners) sind abrufbar unter: http://www.europarl.eu.int/europe2004/index_de.htm.
[6] siehe oben Fn. 5.
[7] Acht Konventmitglieder, darunter der dänische EU-Kritiker Jens-Peter Bonde und der Brite David Heathcoat-Amory haben zum Schlussbericht des Präsidiums einen Gegenbericht eingereicht, in dem dem Konventsentwurf in 15 Punkten ausdrücklich widersprochen wird: Dok. CONV 851/03, Anhang III.
[8] Ana de Palacio im Konventsplenum am 13. Juni 2003, in dem Teil I und II des Verfassungsentwurfs abschließend behandelt wurden: "... no puedo excluir de estas palabras la constatación de que el Gobierno de España tiene una reserva fundamental sobre la propuesta institucional del texto ...", Fundstelle s.o. Fn. 5.
[9] Art. IV-443 EV (Europäische Verfassung, zitiert als EV); bei lediglich geringfügigen Änderungen kann der Europäische Rat jedoch mit einfacher Mehrheit und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments auf die Einberufung eines Konvents verzichten: Art. IV-443 Abs. 2 UA 2 EV. – Zur Zitierweise der Artikel der Verfassung: die vorangestellte römische Ziffer gibt den Teil der Verfassung an zu dem die Vorschrift gehört, im übrigen wird durchnummeriert. Einige Mitgliedstaaten bestanden auf dieser ungewöhnlichen Kennzeichnung, vor allem um die Grundrechtecharta besonders kenntlich zu machen.
[10] Erklärung Nr. 44 zur Schlussakte der Verfassung.
[11] Eine entsprechende Tabelle wird in der Denkschrift zum Verfassungsvertrag enthalten sein.
[12] Der 1994 beim Beitritt Österreichs, Schwedens und Finnlands auf dem informellen Außenministertreffen der griechischen Präsidentschaft in Ioannina vereinbart worden war. Er wird mit dem Inkrafttreten der institutionellen Neuregelungen infolge der Osterweiterung zum 1.11.2004 aufgehoben.
[13] Entwurf dieses Beschlusses in der gemeinsamen Erklärung Nr. 5 zur Schlussakte des Verfassungsvertrags.
[14] Eine entsprechende Tabelle wird in der Denkschrift zum Verfassungsvertrag enthalten sein.
[15] Siehe hierzu auch den gesonderten Vortrag in dieser Reihe: Streinz, Rudolf: Kompetenzabgrenzung zwischen Europäischer Union und ihren Mitgliedstaaten, in diesem Heft.
[16] Die für den deutschen Juristen etwas verwirrende Terminologie des Art. I-33 EV, die die Verordnung als Rechtsakt "ohne Gesetzescharakter" bezeichnet, erklärt sich durch den Sprachgebrauch des Französischen, in dem der Urtext der Verfassung ausgearbeitet worden ist: Dort bezieht sich das Adjektiv "législatif" ausschließlich auf das formelle Gesetz, im Unterschied zu "réglementaire", wenn das bloß materielle Gesetz gemeint ist. Genaugenommen müsste man also beim Europäischen Gesetz von einer Norm mit formellem Gesetzescharakter, bei einer europäischen Verordnung von einer Norm mit (lediglich) materiellem Gesetzescharakter sprechen.
[17] Zypries, Brigitte: Europa als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in diesem Heft.
[18] Kadelbach, Stefan: Gemeinsame Außenpolitik, in diesem Heft.
[19] Stein, Torsten: Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, in diesem Heft.
[20] Der terminologische Unterschied "Europäischer Auswärtiger Dienst" im Deutschen, "Service d´action extérieure" im Französischen, "European external action service" im Englischen ist bewusst, da insbesondere Großbritannien, zumindest im Englischen, den Begriff "foreign service" vermeiden wollte.
[21] Warnendes Beispiel ist die lange Dauer des Ratifikationsverfahrens des letzten Eigenmittelbeschlusses.